frido_ hat geschrieben:Hallo
Ich gebe ja zu das es sich kontrovers anhört.
Audiophil <--------> Heavy Metal
Möchte aber mal ne Metal-CD in bessserer Qualität ausprobieren.
Wer kann mir sagen wo ich da fündig werden könnte.
Worauf sollte ich achtgeben.
Habe nur "normale" CD`s
.....MEL du?

vielleicht Gold
Vielen Dank im Voraus
Frido
Hallo Frido,
ich will dich nicht verletzten, bitte nichts für ungut. Ich glaube allerdings, dass diese zwei Welten vorerst nicht zusammen kommen werden.
Vor 20 Jahren habe ich in zwei Bands mitgespielt. Ich weiß nur zu gut, wie Rockinstrumente wirklich klingen und bin als absoluter Liebhaber des Sounds eines Stratocaster-Halstonabnehmers quasi verzweifelt darüber, dass eine E-Gitarre vom noch so guten Tonträger NIEMALS so klingt, wie im Proberaum. Diese glockige, warme, singende,... einer der wenigen Tracks, der den Stratsound so bringt, das man sich immerhin ein wenig an den Proberaum erinnert fühlt, ist "On my Way to L.A." von Phil Carmen. Der ist nicht audiphil, aber der Tontechniker hat die Strat auch auf der Aufnahme noch wie eine Strat klingen lassen.
Das ist kein Heavystück. Warum schreibe ich hier davon?
Nun, schon seitens der Band durchhörbar gespielte Musik wird selten vom Tonträger durchhörbar erklingen. Leider.
Vollends aus ist es, wenn das Klangideal der Band Matsch, Mulm, "Wall of Sound" ist: Nicht ist heraushörbar. Keine Chance für Audiophilie. Wer da "mehr Sound" will, ist wahrscheinlich mit einem guten Equalizer zum bewussten Abschmecken der Musik besser bedient, als mit Geräten, die Nuancen wiedergeben könnten, die in Heavymusik aber nicht heraushörbar sind.
Ich habe 6 Jahre lang (von 1980-86) in erster Linie Hardrock gehört (Deep Purple 70-76,AC/DC, Gillan, Whitesnake, Saxon, Judas Priest, Scorpions, Van Halen, etc...). ALLE diese Bands hast du allerspätestens beim ersten gesungenen Ton EINDEUTIG erkannt!
Heutige Heavymusik ist etwas ganz anderes. Erkennbare, geschweige denn gute Sänger? Ich sehe da komischerweise meist Gitarristen, die
nebenberuflich (und so ist auch die Qualität) ins Mikro brüllen. Andere Bands haben zwar einen hauptberuflichen Shouter, der kann aber nur grunzen. Oder ist nur zum posen angeheuert worden.
Genauso schlimm ist es um die - zumindestens entstehungsmäßig - von
Gitarren stammenden Klänge/gespielten Noten bestellt.
Ich kann aus dem Matsch und Mulm, der bei Viva oder MTV als Hardrock ausgestrahlt wird, nichts mehr heraushören: Es röhrt, brummt, ballert nur, dazu mikrophonverstärkte Geräusche, die manche Menschen anscheinend mit dem Mund machen können, auch wenn es sich nicht so anhört.
Beispiel Metallica: eine Band, die ich achte! Mit so manchem interessanten Song (!) und einem hochinteressanten Schlagzeuger. Leider mit einer brettflach brüllenden, häßlichen Stimme ("singender" Gitarrist) vergällt, und
durch ein Klangideal dominiert, das den ursprünglichen Gitarren(halb)akkord zum akustischen Betonbunker quetscht: Ein Klotz aus Geräusch, konturenlos, unscharf. Keine Saite, keine Note ist heraushörbar. ERST RECHT NICHT DIE SPIELWEISE, ANSCHLAGTECHNIK, das gezielte DURCHMODELLIEREN einzelner Noten. Ein Solo von Metallica - .... (ich rede jetzt nicht über solche Ausnahmen, wie die gering verzerrten, gezupften Noten in der Strophe von "Nothing else matters").
Die Gitarre mutiert also zum Geräusch. Das meine ich auch im Sinne der akkustischen Physik: Der eigentlich gespielte Grundton ist quasi überflüssig geworden. Du hörst nämlich überwiegend die vom Verzerrer auf die Sinusschwingung der Gitarrensaite draufaddierten Obertöne. Ein Frequenzgemisch - eben ein Geräusch.
Also das genaue Gegenteil von dem, was ich eingangs mit dem Phil Carmen-Beispiel ausdrücken wollte.
Zwischen Erkennbarkeit, Durchhörbarkeit, Nachvollziehen kleiner musikalischer Augenblicksentscheidungen des Musikers ("Spielweise", Interpretation, ...) und dem Klangidesl "Heavy" steht heutzutage meines Erachtens leider eine scharfe Grenze. LEIDER!
Gezogen haben diese Grenze Produzenten, Marktforscher der Plattenfirmen, Grobian-Musiker und Grobian-Tontechniker, und nicht zuletzt zur Unkritik erzogene oder tendierende Fans, die immer seltener überhaupt nur eine entfernte Ahnung davon besitzen, was eine musikalische Nuance sein könnte...
Also werden CDs eingespielt, aufgenommen, abgemischt und vertrieben, die gut geeignet sind, um zur allmorgendlichen S-Bahnfahrt das aus unglaublich zarten Häutchen aufgebaute Corti'sche Organ (= "Gehörschnecke") mit böse durch den gesamten Wagon kratzendem Schrappel- und Mahlgeräuschen zu zerfräsen.
Solche Spielarten von Heavy sind bewußt nicht für Hörende gemacht. Sondern für Hörige. Und Schwerhörige.
Es ist einfach ein anderes Klangideal. Mel hat mir kürzlich die veredelten Metallica's vorgespielt. Ich wolte es so, als ehemaliger Hardrockfreak.
Nur:
Von dem verbesserndem Remastering habe ich absolut nichts bemerkt. Und ich höre ansonsten (für mein Alter) das Grass wachsen! Das wird mir auch "amtlich" (durch Messungen in der audiologischen Station der Charité) bestätigt: "Sie haben ein Gehör wie ein kleines Baby!". Stimmt nicht ganz, seit dem Saxon-Konzert mit 15 Jahren habe ich einen bleibenden Hörschaden mit Tinnitus.
Ich weiß, dass es Konzepte gibt, komplexen, ausgefeilt instrumentierten Metall zu spielten, mit progressiven Elementen, Musikern mit Klassik-Kenntnissen, und, und, und.
Frage an dich: Verkaufen sie
viele Platten? Haben sie also die nötigen Verkaufserlöse, um sich gute Aufnahmestudios, Toningenieure, etc. überhaupt leisten zu können?
Ich höre ganz gerne Progressive Rock, aber schon aus dem vorgenannten Grund kenne ich da nur wenige ordentlich aufgenommene Platten (z. B. von Pendragon - weil die relativ erfolgreich innerhalb der quasi unbekannten Szene sind, können die offenbar hörbar besser produzieren?). Und zwischen "ordentlich" und "sehr gut" liegen Welten, von "Richtig gut" bis "audiphil" nochmals Welten.
Das wird eine schwierige Suche werden, fürchte ich. An guten Funden bin ich interessiert!
Liebe Grüße
Pit